Liegen bald wieder Fluss-Kraftwerke auf der Elbe?

Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unterstützt mit vier Forschungsprojekten die künftige Energiegewinnung aus den Flüssen Europas. Im Rahmen des regionalen Wachstumskerns Fluss-StromPlus sollen in naher Zukunft ökologisch verträgliche Fluss-Wasserkraftanlagen für die umweltschonende Energiegewinnung eingesetzt werden.

Das Bündnis aus sieben Forschungseinrichtungen und 19 Industriepartnern arbeitet unter der Leitung der Universität am dafür nötigen Knowhow für schwimmende Fluss-Wasserkraftanlagen bis hin zu universellen Staudruckwasserrädern für bereits vorhandene Staubauwerke. Der Plan ist, künftig Serienanfertigungen kleiner Wasserkraftanlagen einsatzfertig zu den Nutzungsstellen auf europäischen Flüssen transportieren zu können. 

 Am 27. September 2016 treffen sich die Logistiker, Maschinenbauer, Verfahrenstechniker, Gewässerökologen, Energieunternehmen und Vertreter von Umweltvereinen und –verbänden zum ersten Erfahrungsaustausch und werden den aktuellen Forschungsstand diskutieren. Dabei geht es unter anderem um Hochwasserschutz und fischfreundliche Wehre, um Trinkwassergewinnung und Fernüberwachung von Turbinen, aber auch Anforderungen von Kunden und Investoren.

Was:                    Fachforum des Wachstumskerns Fluss-StromPlus an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg      

Wann:                  27. September 2016, 9.00 bis 18.00 Uhr

Wo:                     Experimentelle Fabrik Magdeburg, Sandtorstraße 23, 39106 Magdeburg

Als Gäste werden Hans-Peter Hiepe vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF, Staatssekretär Thomas Wünsch vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt und der Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Prof. Dr.-Ing. Jens Strackeljan, erwartet.

In Zeiten steigender Energiekosten und knapp werdender Primärenergiequellen hat die Energienutzung durch Flusskraftwerke ein erhebliches Potenzial“, so der Projektleiter und Sprecher des Bündnisses, Dipl.- Ing. Mario Spiewack. Diese Form der Energiegewinnung habe zudem eine lange Tradition. „Bis in das 19. Jahrhundert hinein standen mehr als 700 so genannte Flussmühlen auf den Flüssen Europas - allein in Magdeburg mehr als 20. Mit ihrem einfachen Wirkungsprinzip aus Schwimmkörpern und einem Wasserrad versorgten sie ganze Städte mit Mahl- und Schleiferzeugnissen. Erst mit der Nutzung von Kohle und Erdöl verschwanden sie von den Gewässern.“ 

Wissenschaftler verschiedener Fakultäten der Universität Magdeburg sind an vier der insgesamt fünf Forschungsteilprojekte des Netzwerkes beteiligt.
Der Verfahrenstechniker Prof. Dominique Thévenin simuliert auf den Versuchsanlagen der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik die komplizierte Strömung und Verwirbelung in Flüssen, um die neu entwickelten Turbinen und Wasserräder hydrodynamisch zu optimieren. „Die Forschung mit Wasserrädern wurde Ende des 19. Jahrhunderts gestoppt, da dank der Wasserstauung klassische Turbinen viel effizienter wurden. Wir fangen also wieder dort an, wo Kollegen vor 130 Jahren aufgehört haben, aber mit vollkommen neuen Methoden. Ich bin sehr neugierig zu sehen, was wir mit moderner Technik herausholen werden“, so der Strömungsexperte. 
An der Fakultät für Maschinenbau arbeitet das Team um Prof. Roland Kasper an der Entwicklung neuartiger, getriebeloser Generatoren. Bei Flusswasser-Kraftwerken könne nicht auf klassische Getriebelösungen zurückgegriffen werden, so Kasper. Sie wären wartungsintensiv, umweltrelevant und relativ teuer. „Unser Ziel ist es, eine getriebelose Synchronmaschine zu entwickeln“, so der Maschinenbauexperte. „Herstellungs- und Wartungskosten der Generatoren können damit so weit wie möglich gesenkt und ihre Energieausbeute auch an langsam fließenden Gewässern optimiert werden.“ 

Das Team um Prof. Roberto Leidhold von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Magdeburg entwickelt eine neuartige Regelungs- und Steuerungstechnik für das gesamte Turbinen-Generator-Netzsystem. „Die Herausforderung für uns liegt in der Minimierung der Verluste“, so Prof. Leidhold.“Die von uns zu entwickelnde Leistungselektronik soll das Zusammenspiel von Generatoren und Gesamtsystem optimieren.“

Der regionale Wachstumskern Fluss-StromPlus wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF bis 2018 in insgesamt sechs Verbund- und 30 Teilprojekten mit ca. 11 Millionen Euro gefördert. 

Mehr Informationen unter www.flussstrom.eu.

 

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