Elektromotorenwerk Dessau liefert seine Anlagen in mehr als 70 Länder der Erde

Reiner Storch strahlt Ruhe aus. In den vergangenen mehr als 20 Jahren hat er mit seinem Unternehmen mehrere Durststrecken überlebt, die Turbulenzen der Finanz- und Wirtschaftskrise erfolgreich gemeistert. "Die Motivation unserer Mitarbeiter und deren Erfahrungen haben sich ausgezahlt, sind für uns Gold wert", sagt der Geschäftsführer der AEM–Anhaltische Elektromotorenwerk Dessau GmbH. Diese Faktoren sieht er als wichtigstes Kapital an. Dazu kommt der gute Mix zwischen älteren und jüngeren Kollegen. Unterschiedliche Denk- und Herangehensweisen, das voneinander Lernen bringe eine Firma voran, ist er sich sicher.

Zahlen sprechen bei AEM eine eindrucksvolle Sprache. Mehr als 60 Jahre Erfahrung im Elektromaschinenbau am Standort Dessau haben sich als gute Basis erwiesen. Mit heute rund 230 Beschäftigten etablierte sich die Firma als Sondermaschinenbauer für Drehstrommotoren und Drehstromgeneratoren für Antriebslösungen sowie zur Energieerzeugung. Generatoren für Wasserkraft und Schiffbau sowie Motoren für Bergbau-, Förder-, Baumaschinen und Prüfstände gehören zum Fertigungsspektrum. Seit der Gründung über ein Management-Buy-out (MBO) im Jahre 1993 steigerte AEM seinen Umsatz auf mehr als das Dreifache und den Exportanteil auf durchschnittlich 60 Prozent. In dieser Zeit lieferte das Unternehmen mehr als 12.000 Maschinen in gut 70 Länder der Erde. Sie finden sich in Anlagen in Norwegen, Schweden, China, Indien, Singapur oder Brasilien. Das mache ein Stückweit stolz, sagt Reiner Storch. Für dieses Jahr rechnet er mit einem Umsatz von rund 20 Millionen Euro. 

Dass der Ingenieur einmal als Manager eine Firma leiten würde, wäre ihm nach dem Studium an der Technischen Hochschule Leipzig nicht in den Sinn gekommen. 1982 begann Storch im Volkseigenen Betrieb Elektromotorenwerk Dessau als junger Absolvent in der Konstruktionsabteilung. Später dann ein Wechsel zur Produktentwicklung und danach in den Bereich der Software. "Es war eine interessante Zeit", erinnert sich der heutige Geschäftsführer. Damals sei ein großer Teil der Motoren und Generatoren in den Export gegangen, meist in den Bereich des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Klimaanlagen von Kühlzügen in der Sowjetunion, Zementanlagen oder Kräne setzten ebenso auf Dessauer Technik wie Hochseeschiffe. "Doch oft wussten wir gar nicht, welchen Weg unsere Erzeugnisse nahmen", lautet sein Fazit. Der Staat hatte schließlich das Monopol im Außenhandel und ließ sich nicht immer in die Karten blicken.

Mit der politischen Wende in der DDR begann dann ein steiniger Weg wie für viele Unternehmen der traditionsreichen Maschinenbauindustrie in Sachsen-Anhalt. Der Traditionsstandort, an dem seit 1948 Elektromotoren gebaut werden, stand zur Disposition. Sogar eine Schließung schien damals nicht ausgeschlossen. Das mächtige Kombinat  Elektromaschinenbau (VEM) mit Sitz in Dresden - es hatte in der Planwirtschaft an die 33.000 Beschäftige in 15 Betrieben im ganzen Land - orientierte sich neu, suchte Perspektiven für die einzelnen Standorte. Mit dem Mut der Verzweiflung wagten vier Mitarbeiter aus dem Unternehmen, darunter auch Reiner Storch, den Schritt in die Privatisierung. "Wir hatten den Willen, am Standort festzuhalten. Uns war klar, wir konnten auf gute Produkte und eine tolle Mannschaft zurückgreifen", zieht er sein persönliches Resümee. Bis 1995 gelang ein regelrechter Kraftakt.

Für fast elf Millionen Euro wurde ein komplett neues Werk aus dem Boden gestampft, erste Mitarbeiter eingestellt.  "Von Anfang an war es unser Ziel, dass wir keine verlängerte Werkbank sein sondern mit eigenen Produkten bestehen wollten", berichtet der Geschäftsführer. Von der Planung über die Fertigung und Montage bis zur Kontrolle auf dem hauseigenen Prüffeld erfolgen alle Produktionsschritte bis heute ausschließlich am Standort Dessau. In den ersten Jahren galt es, neue Käufer zu finden, bislang unerschlossene Märkte zu erschließen. Gerade im Westen war AEM nahezu unbekannt. Das Konzept, mit einer starken Forschungs- und Entwicklungsabteilung speziell für Kundenaufträge zu agieren, ging auf. So könne man auf jeden derer Wünsche passgenau reagieren, berichtet Storch. Dessauer Generatoren finden sich beispielsweise in Notstromanlagen, in Blockheizkraftwerken oder in dezentralen Anlagen zur Energieerzeugung. Band- und Baggerantriebe setzen ebenso wie Kranlagen oder Pumpen die Motoren. Wassermantelgekühlte Exemplare finden speziell im Schiffbau Verwendung. Alle Einzelstücke oder Kleinstserien kämen nicht von der Stange oder aus dem Baukasten. Um das zu schaffen, sei jeder fünfte Mitarbeiter des Unternehmens ein Ingenieur. Noch einmal 13 Millionen Euro konnten durch den wirtschaftlichen Erfolg aufgebracht werden, um neue Hallen zu errichten, Technik anzuschaffen. Reiner Storch erzählt zufrieden von weiteren Investitionsplänen. So soll schon bald ein neues Prüffeld entstehen, für dessen Bau die Dessauer gerade unmittelbar am Firmengelände ein Grundstück kaufen wollen.

Wie AEM ging es vielen Unternehmen der Maschinenbauindustrie in Sachsen-Anhalt. Nach den strukturellen Veränderungen vor allem der DDR-Kombinate und weiterer Großbetriebe in den 1990er Jahren entstanden gesunde Wachstumskerne. Heute ist in dieser Branche etwa jeder zehnte Beschäftigte der gewerblichen Wirtschaft Sachsen-Anhalts tätig. Der Maschinenbau generiert rund fünf Prozent des Gesamtumsatzes der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt.

Bildtext: AEM-Geschäftsführer Reiner Storch an einem Asynchronmotor.
Autor/Foto: Klaus-Peter Voigt im Auftrag der IMG Sachsen-Anhalt mbH

Kontakt:

Reiner Storch
AEM-Anhaltische Elektromotorenwerk Dessau GmbH
Daheimstraße 18
06842 Dessau-Roßlau
Telefon: 0340 203200
E-Mail: info.ignore@aemdessau.de
www.aemdessau.de

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