Aus Staßfurt kommt Soda für die ganze Welt

Das Sodawerk Staßfurt blickt auf eine bewegte Zeit zurück – und dient als Vorlage für eine der vielen erfolgreichen Unternehmensgeschichten in Sachsen-Anhalt. In seiner mehr als 130-jährigen Geschichte hat das Werk nahe der Landeshauptstadt Magdeburg zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise und nach der  Wende einen strukturellen Anpassungsprozess überstanden.  Nach erfolgreicher Privatisierung nach dem Fall der Mauer folgten Investitionen und die Einführung moderner Produktionsabläufe. Heute ist die Tochter des polnischen Ciech Konzerns Staßfurt zum modernen Chemiebetrieb und einem der größten Arbeitgeber der Region geworden.

Bei einem Rundgang durch das Sodawerk Staßfurt ist der Besucher zunächst erstaunt. Es sind viele Hallen zu sehen, Gleise und dampfende Anlagen, aber wenig Personal. Doch der Eindruck täuscht. Im Werk arbeiten 400 Mitarbeiter im Schichtdienst. Alles rotiert, alles ist hier im Fluss.

Die Sodaherstellung aus Staßfurter Steinsalz hat eine 130-jährige Tradition. Das Werk zählt zu den ältesten Firmen der Region und wurde 1892 gegründet um die örtlichen Steinsalz und Kalkstein-Vorkommen für die Sodaproduktion zu nutzen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges demontierte die sowjetische Besatzungsmacht große Teile der Produktionsanlagen. Das Rest-Werk wurde 1953 in Volkseigentum überführt und 1965 mit der Sodafabrik Bernburg zum Volkseigenen Betrieb Vereinigte Sodawerke Bernburg-Staßfurt zusammengeschlossen.

Die belgische Solvay-Gruppe erhielt 1991 ihren alten Betrieb in Bernburg zurück. Der Staßfurter Werksteil jedoch stand so direkt nach der Wende vor einer ungewissen Zukunft. Zunächst kaufte ein dänischer Investor das Unternehmen. 1995 stieg eine Finanzierungsgesellschaft ein, 2007 übernahm schließlich eine Frankfurter Beteiligungsgesellschaft das Ruder. Im selben Jahr kaufte der polnische Ciech-Konzert das Staßfurter Werk. Zusammen mit dem Ciech Soda Kapazitäten gehörte das Sodawerk Staßfurt ab sofort zur zweitgrößten Herstellergruppe für Sodaprodukte in Europa.

Warum der Weltkonzern in Sachsen-Anhalt investierte? Die Verfügbarkeit der Rohstoffe, die logistisch günstige Lage und die moderne Ausrichtung der Kapazitäten machten das Werk hier für Ciech zum strategischen Wunschpartner. Diese deutsch-polnische Zusammenarbeit ist auch ein Schritt auf dem Weg einer florierenden Handelspartnerschaft, die die Nachbarländer verbindet. Deutschland ist für polnische Unternehmen der größte Investitionsstandort – wobei Sachsen-Anhalt ganz vorn rangiert.

Die Firmengeschichte in Staßfurt wurde ab sofort neu geschrieben. Bereits ein Jahr, nachdem die polnischen Partner eingestiegen waren, wurde eine neue Produktionsanlage zur Herstellung der Schwersoda in Betrieb genommen. Mit dem Ciech-Konzern kam viel Erfahrung ins Traditionsunternehmen. Er betreibt mit dem Standort Staßfurt vier Sodawerke – in Polen, Rumänien und Deutschland. Als lokaler Lieferant versorgt das Werk seit Jahren alle großen Flachglas-Hersteller in Sachsen-Anhalt.

Der kaufmännische Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung, Grzegorz Zalewski, führt gemeinsam mit seinen zwei Kollegen Holger Zutz und Piotr Glowicki, die für Produktion und Technik verantwortlich sind, als Geschäftsführer-Trio, die Geschicke des Werkes. Mit ihren Produkten sind sie deutschlandweit ein wichtiger Partner für alle Behälterglas-Hersteller, für die Waschmittel-, Futtermittel- und die chemische Industrie sowie die Rauchgasreinigung. Die Strategie für das Werk wird schnell auf einen Nenner gebracht: „Die Konzernstrategie wird mit den lokalen Erfahrungswerten verbunden.“

Das scheint aufzugehen. Nach Jahren, die geprägt waren von einem wirtschaftlichen Auf und Ab, ist Soda aus Staßfurt wieder weltweit gefragt. Und in der Region sowieso. Hauptabnehmer sind große Glaswerke in Sachsen-Anhalt, unter anderem in Haldensleben, Osterweddingen und Gardelegen. Das Sodawerk in Staßfurt besitzt mit einer jährlichen Produktionskapazität von mehr als 560.000 Tonnen in Deutschland einen Marktankteil von nahezu 30 Prozent. Ein wesentlicher Standortvorteil ist, dass das Werk auf eigene Rohstoffvorräte zurückgreifen kann. Die beiden wesentlichen Rohstoffe Salz und Kalkstein werden in unmittelbarer Nähe der Produktionsanlagen abgebaut. Damit sind Verfügbarkeit und die Qualität der Rohstoffe langfristig gesichert.

Und diese Rohstoffe werden jetzt auf so vielfältige Art genutzt wie noch nie in der Firmengeschichte. Neben dem Hauptprodukt Schwersoda werden in Staßfurt Leichtsoda und Natriumkarbonat – das ist auch als Backpulver bekannt – in verschiedenen Qualitäten hergestellt.

Glasklar ist die Hauptnutzung: 20 Prozent Soda, Sand, Kalk und Zuschlagstoffe werden geschmolzen für die Glasherstellung. Und auch in der Chemischen Industrie braucht man Soda, um Chemikalien wie Alkaliphosphate, Chromate oder Ultramarin zu gewinnen. Bei vielen chemischen Prozessen wird Soda zur Regulierung des pH-Wertes eingesetzt. Besonders dann, wenn ein langsamer Reaktionsverlauf gewünscht ist. Kein Wunder also, dass Soda aus Stassfurt so gefragt ist – alles rotiert eben.

Autorin: Manuela Bock im Auftrag der IMG Sachsen-Anhalt mbH
Foto: Sodawerk Staßfurt/Schug Bildunterschrift: Das Sodawerk in Staßfurt.

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