Ein geschärfter Blick auf die Haut

Ganzkörperscanner erleichtert Hautkrebs-Früherkennung

Forschende Magdeburger Ärzte und Medizintechniker haben gemeinsam ein Gerät entwickelt, das die Hautkrebs-Früherkennung einen gewaltigen Schritt nach vorn bringt: Der Ganzkörperscanner kann Dermatologen künftig die Arbeit erleichtern und für ein zuverlässigeres Hautscreening sorgen. Im April stellt das kürzlich mit einem Hugo-Junkers-Innovationspreis des Landes Sachsen-Anhalt ausgezeichnete Entwicklungsteam das Gerät beim Dermatologie-Weltkongress in Wien vor und wird dort sicherlich viel Beifall aus der Fachwelt ernten.

Bereits vor 15 Jahren hatte Prof. Dr. Harald Gollnick, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, die Idee, einen Hautscanner zu entwickeln. Denn aus der Praxis wusste er, dass die bisherige rein klinische Untersuchung mit erfahrenem Auge und Dermatoskop sehr zeitaufwändig, aber bei einer großen Anzahl von Leberflecken in der Dokumentation aufwendig und nicht sehr zuverlässig in der Langzeitverfolgung ist. Oberärztin Dr. Daniela Göppner erläutert: „Es kommt vor, dass ein Patient mehr als hundert Leberflecken aufweist. Da ist es einerseits schwer, nichts zu übersehen. Andererseits muss man beim nächsten Arztbesuch des Patienten noch nachvollziehen können, welche Leberflecken  sich in  Größe, Textur oder Farbe verändert haben. Man muss exakt dieselbe Stelle und denselben Fleck wiederfinden.“ Bisher ist es so, dass der Arzt mit  dem Dermatoskop die Haut anschaut. Handschriftlich hält er dann auf einer Skizze fest, welche Hautveränderungen auffällig sind und weiter beobachtet werden müssen.

An dieser Stelle kommt nun der Ganzkörperscanner ins Spiel.  Prof. Dr. Harald Gollnick hat mit seinem Ärzteteam und dem Magdeburger Fraunhofer-Institut IFF 2001 das Forschungsprojekt „DermaScan“ ins Leben gerufen, dessen Ziel es war, eine Hard- und Software zu entwickeln, die Hautveränderungen schnell und zuverlässig erfassen kann und die Daten so verarbeitet, dass sie zu einem späteren Vergleich herangezogen werden können. Gemeinsam mit den Magdeburger Medizintechnik-Firmen Hasomed und Dornheim Medical Images haben die Ärzte, Medizintechniker und Datenverarbeitungsfachleute an dieser Herausforderung getüftelt.

Das Ergebnis, der Prototyp des dermatologischen Ganzkörperscanners, ist inzwischen in der Magdeburger Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie im Einsatz. Das Gerät kann 90 Prozent der Hautfläche des Patienten erfassen, nur Intimzonen, Kopfhaut und Fußsohlen werden vom Arzt separat untersucht. Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Duschkabine. Der Patient stellt sich nackt auf einen Drehteller. Seine Haut wird optimal ausgeleuchtet, damit jeder einzelne Leberfleck auf den Aufnahmen deutlich zu erkennen ist. Der Teller dreht sich, mehrere Digitalkameras fotografieren die Haut des Patienten aus verschiedenen Positionen. „Wir erstellen daraus im Rechner ein maßstabsgerechtes Abbild der menschlichen Haut, das es dem Arzt mühelos ermöglicht, auch ein Jahr später einen bestimmten Leberfleck wiederzufinden“, erläutert Dr. Dirk Berndt, Leiter des Geschäftsfeldes Mess- und Prüftrechnik am Fraunhofer-Institut IFF in Magdeburg. „Wichtig ist die Anordnung der Kameras und die tageslichtähnliche diffuse Beleuchtung.“

Es entstehen hochaufgelöste Bilddaten, anhand derer der Arzt am Computer die Farbtöne, Unregelmäßigkeiten und die Größe der Leberflecke beurteilen, auswerten und mit früheren Daten vergleichen kann. „Mit diesem Ganzkörperscanner ist erstmals eine standardisierte Beurteilung des Zustandes und der Veränderungen der Haut möglich“, sagt Dr. Daniela Göppner. Für den Arzt verringert sich durch dieses halbautomatische Assistenzsystem der Untersuchungs- und Dokumentationsaufwand. „Der Scanner erleichtert die Arbeit des Hautarztes, ersetzt sie aber nicht“, betont Dr. Daniela Göppner.

Innovative Kraft und Geld in eine bessere dermatologische Diagnostik zu stecken, ist wichtig und notwendig, denn beispielsweise beim malignen Melanom , dem schwarzen Hautkrebs besteht lediglich in frühen Stadien eine gute Heilungschance. In den zurückliegenden  Jahrzehnten haben nicht nur die Magdeburger Ärzte einen Anstieg der Hautkrebs-Diagnosen registriert. Die Zahl der Hautkrebs-Erkrankungen steigt weltweit.. Besorgniserregend ist dabei auch, dass bei jüngeren Patienten das Erkrankungsrisiko steigt. „Die Ursachen liegen in der selbst verschuldeten höheren UV-Belastung in Freizeit und Urlaub sowie der unsinnigen Solarien-Benutzung“, erläutert Prof. Dr. Harald Gollnick.

In Deutschland haben gesetzlich Krankenversicherte ab 35 Jahren alle zwei Jahre einen Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs, das so genannte „Hautkrebs-Screening“.  Das wird in der Regel vom Hautarzt durchgeführt und von extra geschulten Hausärzten  unterstützt. Dass schon in absehbarer Zukunft jeder niedergelassene Dermatologe einen Ganzkörperscanner in der Praxis stehen hat, ist allerdings unwahrscheinlich. „Es ist komplexe, teure Technik, man kann es sich vorstellen wie eine Computertomographie der Haut. Realistisch ist, dass der Scanner nach Marktreife in Schwerpunktpraxen und Kliniken zu Einsatz kommen wird“, meint Dr. Daniela Göppner. Bis dahin wird noch einige Zeit ins Land gehen, ist den Projektpartnern bewusst. „Der medizinische Nutzen einer zuverlässigen Früherkennung durch den Ganzkörperscanner muss nachgewiesen werden, damit die Krankenkassen die Kosten einer solchen Untersuchung tragen.“ Dafür seien im nächsten Schritt erst einmal Studien notwendig. Natürlich dürfen die Magdeburger Ärzte und Ingenieure schon jetzt stolz sein auf ihre zukunftsweisende Entwicklung. Den Hugo-Junkers-Preis für Forschung und Innovation aus Sachsen-Anhalt, der im vergangenen Jahr verliehen wurde, haben sie sich verdient. Und auf dem Dermatologie-Weltkongress in Wien werden sie nun vom 16. bis zum 18. April in die Welt tragen, wie viel Forschergeist in Sachsen-Anhalts Köpfen steckt.

Autorin: Dana Toschner

***

Ansprechpartner:
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Medizinische Fakultät
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie
OÄ Dr. Daniela Göppner
Leipziger Str. 44
39120 Magdeburg
E-Mail: daniela.goeppner.ignore@med.ovgu.de
Tel.: (0391) 6701

 

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF
Geschäftsfeld Mess- und Prüftechnik
Dr.-Ing. Dirk Berndt, Geschäftsfeldleiter
Sandtorstraße 22
39106 Magdeburg
E-Mail: dirk.berndt.ignore@iff.fraunhofer.de
Tel.: +49 391 4090-224

 

vorheriger Beitrag nächster Beitrag