Brasilianischer Unternehmer produziert in Sachsen-Anhalt Universalplastik

Zur Braskem Europe GmbH gehört neben Schkopau auch der Standort Wesseling bei Köln. Deshalb hat Buchmann neben seinem Schreibtisch in Schkopau auch in Wesseling und in der Europa-Zentrale des Unternehmens in Frankfurt am Main Büros. Der 55-jährige Diplom-Ingenieur für Werkstofftechnik gilt als Polypropylen-Spezialist. Er kennt die Welt der Polymere. In ihr ist er zu Hause. Seit der Inbetriebnahme der Schkopauer Polypropylen-Anlage im Jahr 1998 durch die amerikanische Dow Chemical Company leitet er die Polypropylen-Herstellung im mitteldeutschen Chemiedreieck.


„Die Übernahme des Polypropylengeschäfts der Dow durch Braskem vor zwei Jahren war für uns ein Glücksfall“, erklärt der gebürtige Schkopauer.  „Wir bekamen ein starkes Mutter-Unternehmen, das in der Polypropylen-Produktion sein Kerngeschäft sieht.“ Mit dem Braskem-Anteilseigener Petrobras, dem viertgrößten Erdölkonzern der Welt, sei zudem ein starker Partner vorhanden, der die Rohstoffbasis sichere. Seit der Übernahme werden in Schkopau und Wesseling jährlich mehrere Millionen Euro investiert, um die Anlagen weiter zu entwickeln. Braskem habe mit der Übernahme des Polypropylengeschäfts von Dow in den USA und in Europa nicht nur seine Führung auf dem Polypropylenmarkt in Amerika gefestigt, sondern auch seine Position in Europa verbessert, sagt Buchmann. Das brasilianische Unternehmen verfolgt nach seinen Worten weit in die Zukunft reichende Pläne. In Mexiko wird derzeit mit einem Milliardenaufwand ein Chemiekomplex mit zwei Polyetylenanlagen errichtet. In Brasilien verfügt es über eigene Cracker. Das Schkopauer Werk wird bis 2015 komplett auf ein neues kommerzielles Prozessleitsystem umgestellt. Damit werden Voraussetzungen geschaffen, durch nachfolgende Investitionen auch andere Typen des Kunststoffs zu produzieren. Die Anlage werde damit fit gemacht für neue Produkte, die der Markt verlange. Darüber hinaus verfolgt Braskem mit seinen weltweit 7500 Mitarbeitern das ehrgeizige Ziel, bis 2020 Weltmarktführer in nachhaltiger Chemie zu werden. In Brasilien wird in einer großtechnischen Anlage bereits Polyetylen auf der Grundlage von Zuckerrohr hergestellt. Eine Pilotanlage für die Produktion von Polypropylen aus demselben nachwachsenden Rohstoff ist vorgestellt worden. Für Schkopau stellt sich die Zuckerrohr-Frage allerdings nicht. Mit jährlich 350 000 Tonnen arbeitet die Anlage seit Jahren an ihrer Kapazitätsgrenze. Im Vorjahr erzielten die 55 Mitarbeiter einen Umsatz von ca. 380 Millionen Euro. Für das laufende Jahr erwartet Buchmann, der an der Technischen Hochschule im benachbarten Merseburg Werkstofftechnik studiert hat, ein ähnliches Ergebnis.


Polypropylen ist nach seinen Worten ein attraktiver Werkstoff. Es sei ein Universalplastik mit einer riesigen Anwendungsbreite. Zudem sei es in der Herstellung vergleichsweise kostengünstig. „Weltweit wächst der Bedarf an Polypropylen Jahr für Jahr um rund vier bis fünf Prozent“, hebt Buchmann hervor. Dadurch würden andere Kunststoffe wie PVC, PET oder Polyethylen aufgrund der Polypropylen-Vorzüge in Teilbereichen ersetzt. Dazu trage auch bei, dass Polypropylen vielfältig zu verarbeiten ist. Es eignet sich für Spritzgießen ebenso, wie für Extrudieren, für Blasformen wie für Warmumformen, für Schweißen wie für Tiefziehen. Dadurch eröffnet sich ein breites Anwendungsfeld. Zu ihm gehören unter anderem der Automobilbau, die Medizin, der Agrarbereich, das Bauwesen und der Schiffbau ebenso wie Spielzeug und Haushaltsartikel. Die größte Nachfrage komme aus der Verpackungsindustrie, sagt Buchmann. Braskem Europe versorgt sowohl Endkunden als auch sogenannte Distributoren und Zwischenkunden, die das Granulat zunächst weiter verarbeiten und ihrerseits an Endkunden liefern. Als Beispiele nennt der Braskem-Manager den Möbelhändler Ikea, einen der größten Compounder für thermoplastische Kunststoffe Ravago und bedeutende Hersteller für Kunststoffverpackungen wie Jokey Plastik oder Gizeh.

Auf der K 2013, der weltweit bedeutendsten Messe für Kunststoff und Kautschuk, wird Braskem Global mit einem eigenem Stand in Halle 06 Stand D27 vertreten sein, an dem die Leistungsfähigkeit des Konzerns demonstriert wird, kündigt Buchmann an. Im Braskem-Verbund sei Schkopau zwar ein vergleichsweise kleiner Standort, räumt er ein. Doch die K 2013 sei für ihn gewissermaßen ein Heimspiel. „Die gesamte Firmenprominenz kommt nach Deutschland. Alle Vize-Präsidenten werden in Düsseldorf dabei sein. Die Jahrestagung des Konzerns findet dort statt. Kunden aus der ganzen Welt kommen zu dem Branchentreff“, blickt Buchmann voraus.  

Dabei dürfte auch zur Sprache kommen, dass der vor elf Jahren entstandene Braskem-Konzern zur weitaus größeren und viel älteren brasilianischen Odebrecht-Unternehmensgruppe gehört. Weltweit arbeiten 170 000 Beschäftigte in 30 Ländern für sie in den verschiedensten Branchen. „In diese Firmen-Familie wurden wir mit offenen Armen aufgenommen“, berichtet Buchmann. Gern erinnert er daran, dass der Weltkonzern deutsche Wurzeln hat. Denn gegründet worden ist das Unternehmen von Emil Odebrecht, der 1865 von Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern nach Brasilien ausgewandert ist. Die Odebrecht-Gruppe, der 51 Prozent der Braskem-Anteile gehören, wird noch immer von der Familie Odebrecht geführt. Hauptgeschäftsbereiche sind neben Ingenieurleistungen, Energie, Infrastruktur, Transport und Logistik, Immobilien, Zucker und Bauwirtschaft vor allem Chemie und Petrochemie. In Brasilien gilt Odebrecht als Pionier bei sozialen Aktivitäten. Die Gruppe entwickelt Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Umwelt und Kultur. Auch die Braskem Europe GmbH in Schkopau unterstützt kulturelle und sportliche Projekte in der Region. Für die Betroffenen des verheerenden Juni-Hochwassers wurden beispielsweise spontan 10.000 Euro gespendet.  


Kontakt:
Braskem Europe GmbH
Hans-Jürgen Buchmann
Werk Schkopau, PF 1163
06201 Merseburg
Tel.: +49 3461 54740244
E-Mail: hans.buchmann.ignore@braskem.com
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