Die richtige Mischung macht es

Sachsen-Anhalt setzt auf eine gute Mischung: In puncto erneuerbare Energien hat sich das Bundesland zum Musterbeispiel für grüne Technologien entwickelt. Zwischen der Altmark im Norden und dem Burgenland im Süden stehen zunehmend Photovoltaikanlagen, drehen sich Windkrafträder oder wird Energie aus Biomasse erzeugt. An der Nettostromerzeugung hatten erneuerbare Energien im Jahr 2011 bereits einen Anteil von 44 Prozent. Das ist im deutschlandweiten Vergleich Spitze. Der Bundesdurchschnitt lag bei rund einem Fünftel. Das trug dazu bei, dass die Summe der CO2-Emissionen ebenfalls bezogen auf 2011 auf 25,1 Millionen Tonnen sank und damit das Niveau von 1998 erreichte.  

Mittlerweile hat Sachsen-Anhalt den Status eines Stromexporteurs erreicht. 45 Prozent der erzeugten Elektroenergie kommt Verbrauchern in anderen Bundesländern und im Ausland zugute. Bis 2030 rechnen Experten damit, dass dieser Wert auf 86 Prozent steigen könnte.

Beim Energiemix bleibt Braunkohle auch künftig ein wichtiger Faktor. Die Grundlast bei der Stromerzeugung lässt sich nur durch diesen heimischen Rohstoff gewährleisten, er ist quasi eine Rückversicherung für Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Die Stromerzeugung aus Braunkohle bleibt Prognosen zufolge bis 2030 konstant bei einem Viertel der Stromerzeugung.

Nicht zu unterschätzen sind die Effekte durch erneuerbare Energien für den Arbeitsmarkt. Von 372.000 Beschäftigten, die in Deutschland in diesem Sektor in Lohn und Brot stehen, kommen 24.400 aus Sachsen-Anhalt. Jeder vierzigste Arbeitsplatz im Bundesland hat direkt oder indirekt mit den "Erneuerbaren" zu tun.
Das Meinungsforschungsinstitut TNS-Infratest befragte 2011 im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien auch in Sachsen-Anhalt Bürger. Eine klare Mehrheit der Menschen wünscht sich den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Im Bundesland befürworten 94 Prozent der Befragten die Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien. Auch in unmittelbarer Nachbarschaft ist der Zuspruch positiv. Rund 57 Prozent der Sachsen-Anhalter finden Ökostromkraftwerke in ihrer Nachbarschaft „sehr gut“ oder „gut“. 72 Prozent begrüßen einen Solarpark und 42 Prozent der Befragten einen Windpark in der näheren Umgebung. Die Alternativen Erdgas, Atomkraft und Kohle schnitten deutlich schlechter ab.

Mit der Sonne gut aufgestellt
Gerade im Süden Sachsen-Anhalts scheint die Sonne besonders intensiv. Entlang von Saale und Unstrut wird deshalb auch seit über 1.000 Jahren Weinbau betrieben. Heute finden moderne Photovoltaikanlagen ihren Platz unter anderem  auf ungenutzten Industriebrachen. Diese Technologie trägt mit etwa vier Prozent zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bei.

Anfang 2012 nahm in Amsdorf bei Halle ein 28-Megawatt-Solarkraftwerk der GERO Solarpark GmbH seinen Betrieb auf. Das moderne Kraftwerk, eine 50-Millionen-Euro-Investition, lieferte ganze sieben Wochen nach dem ersten Spatenstich Sonnenstrom. Auftraggeber x ist die GERO Solarpark GmbH, deren Gesellschafter GETEC green energy und ROMONTA das Projekt gemeinsam geplant und entwickelt sowie mit Q-Cells als Systemintegrator umgesetzt haben. Damit blieb ein Großteil der Investitionssumme in Sachsen-Anhalt. Der jährliche Strombedarf von etwa 9.000 Haushalten kann durch die neue Anlage abgedeckt werden.

Die Dichte an Industrieunternehmen der Photovoltaik im mitteldeutschen Raum ist einzigartig. Überdurchschnittlich qualifizierte Mitarbeiter mit einer großen Motivation sind ein Markenzeichen der Region. Die Kompetenzen dort, die mit einer industrienahen Forschung verbunden sind, sollen helfen, die gegenwärtige Krise der Branche zu überstehen. Sachsen-Anhalt bemüht sich darum, den betroffenen Firmen im Solar Valley zu helfen, ihnen in Zeiten des Preisverfalls und der Konkurrenz mit Dumpingpreisen  neue Perspektiven zu schaffen. Die Stärkung der heimischen Forschung und Entwicklung im Bereich der Solarindustrie spielt dabei die Hauptrolle. Aus der Krise sollen so neue Chancen entstehen. Dem Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP kommt dabei eine besondere Rolle zu. Es wurde 2007 vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM sowie dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE für eine anwendungsorientierte Forschung gegründet. Insgesamt sind für den Ausbau, der bis 2013 läuft, 60 Millionen Euro vorgesehen. Der Standort Schkopau beherbergt das Modultechnologiezentrum, in Halle entsteht gegenwärtig ein Technikum für Kristallisation und Wafering.

Aus Biomasse wird Energie

Die leistungsfähige Landwirtschaft Sachsen-Anhalts versorgt nicht nur die Lebensmittelindustrie. Rohstoffe stellen die Landwirte auch der Energiewirtschaft zur Verfügung. Das zahlt sich aus. Bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat die Biomasse mit mehr als 27 Prozent nach der Windkraft, die es auf 67 Prozent bringt, den höchsten Stellenwert.

In Magdeburg findet sich ein Beispiel für eine nahezu ideale Verknüpfung der regionalen Ressourcen mit leistungsfähiger Industrie. Das PROKON Bio-Ölwerk im Handelshafen verwandelt unter anderem Rapsöl zu Biodiesel. 2011 und 2012 wurden gut 70 Millionen Euro in die Erweiterung des Werkes investiert. Die Nähe zu den Rohstofflieferanten und die gute logistische Anbindung sind die Erfolgsfaktoren des Unternehmens. Mehr als 30 neue dauerhafte Arbeitsplätze entstanden, so dass nun insgesamt etwa 130 Mitarbeiter beschäftigt sind, darunter 16 Auszubildende.

Die Jahreskapazität liegt derzeit bei der Verarbeitung von etwa 700.000 Tonnen Rapssaat. Aus dieser Menge lassen sich etwa 280.000 Tonnen Pflanzenöl gewinnen. Das ist die Basis für bis zu 255.000 Tonnen Biodiesel. Bei der Produktion fallen gut 400.000 Tonnen Rapsschrot an, der sich als hervorragender Ausgangsstoff für proteinreiches Futtermittel eignet.
Die hohe Qualität des Pflanzenöls macht auch einen Einsatz in der Lebensmittelwirtschaft möglich.

In Zörbig bei Halle nahm Anfang 2012 eine moderne Biogasanlage ihren Betrieb auf. Die Anlage der VERBIO Vereinigte BioEnergie AG ist nach Unternehmensangaben die weltweit erste Biogasanlage, die Stroh verarbeitet, jährlich bis zu 20.000 Tonnen. Der scheinbare Konflikt zwischen Teller und Tank gehört dort der Vergangenheit an. Das Zukunftspotenzial dieser Technologie ist unstrittig. Sachsen-Anhalt gehört auch dadurch zu den Vorreitern bei der Energiewende. Mit dem in Zörbig erzeugten Kraftstoff werden gegenüber fossilen Kraftstoffen bis zu 90 Prozent Kohlendioxid eingespart.

Innovativ geht es bei der Biomasse in Sachsen-Anhalt auch auf anderen Gebieten zu. Bis 2016 wird im Köthen der Bau eines Biosolarzentrums zur industriellen Produktion von Mikroalgen entstehen. Dazu kooperieren die Hochschule Anhalt und die Großmann Ingenieur Consult GmbH (GICON). Eine Versuchsanlage für einen neuartigen Algenreaktor zur Biomasseerzeugung ging bereits in Betrieb, um die neue Technologie vorzubereiten. Sie hat das Zeug dazu, ein Exportschlager "Made in Sachsen-Anhalt" zu werden. Algen sind die am schnellsten wachsenden Pflanzen auf der Erde. Sie bauen ihre Biomasse auf, indem sie mit Hilfe des Sonnenlichtes CO2 aus der Luft entnehmen und Sauerstoff abgeben. Dabei sind Algen um ein Vielfaches effektiver als beispielsweise Energiepflanzen.

Allerdings ist gegenwärtig die Nutzung von Biomasse nicht unumstritten. Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina mit Sitz in Halle/Saale hat 2012 eine Stellungnahme zu den Grenzen und Möglichkeiten der Nutzung von Bioenergie veröffentlicht. Dort erklären Wissenschaftler, unter welchen Bedingungen die Nutzung von Bioenergie begrenzt sinnvoll sein kann. Sie befasst sich mit bestehenden und in Entwicklung befindlichen Umwandlungsmöglichkeiten von Biomasse zu Biokraftstoffen, wie Bioethanol und Biodiesel. Außerdem werden Wege aufgezeigt, die darauf abzielen, Forschung zu forcieren, um mit Sonnenenergie aus Wasser umweltfreundlich und nachhaltig Wasserstoff zu erzeugen. Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieressourcen wie der Photovoltaik, der Solarthermie und der Windenergie verbrauche die Bioenergie mehr Fläche und sei häufig mit höheren Treibhausgasemissionen und Umweltbeeinträchtigungen verbunden, heißt es.

Der Wind weht richtig

Den größten Anteil an erneuerbaren Energien erzeugen in Sachsen-Anhalt Windkrafträder. Ende 2011 gab es davon zwischen Arendsee und Zeitz 2.352 Anlagen mit einer installierten Leistung von 3.642 Megawatt. Die Windkraft trägt mit 73 Prozent zur Stromerzeugung des Bundeslandes aus erneuerbaren Energien bei.

Unternehmen wie ENERCON im Magdeburger Industriegebiet Rothensee tragen dazu bei, den deutschen Technologievorsprung bei der Entwicklung und Herstellung modernster Technologie zu sichern. In der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt arbeiten gut 4.000 direkt und indirekt Beschäftigte bei ENERCON, weitere an den Standorten Aurich und Emden. Die Windenergieanlage E-126 sei eine der weltweit größten, versichert das Unternehmen. Sie liefert im Idealfall einen Ertrag von jährlich 14 Millionen Kilowattstunden. Damit können etwa 15.000 Menschen mit Strom versorgt werden.

Durch den  Ersatz alter Windenergieanlagen in den kommenden Jahren besteht die Chance, ohne zusätzlichen Flächenverbrauch  die Stromerzeugung zu steigern.  


Autor: Klaus-Peter Voigt

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Team Report Invest
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