Neuartige Prüfsensorik arbeitet mit künstlicher Intelligenz

Die Denkweit GmbH aus Halle-Saale entwickelt Messgeräte zur zerstörungsfreien Kontrolle von elektrischen Batteriemodulen

Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge unterliegen hohen Qualitätsansprüchen, können aber bislang nicht zerstörungsfrei geprüft werden. Das Startup DENKweit aus Halle (Saale), eine Ausgründung der Fraunhofer-Gesellschaft, entwickelt eine innovative Prüfsensorik und verknüpft sie mit künstlicher Intelligenz. So können E-Akkus bis auf jede einzelne Zelle überwacht werden – schon während ihres Produktionsprozesses wie auch später im Fahrzeug.

„Pouch“ oder „Bag“ oder gar „Coffee-Bag“ wird eine der Bauformen von Batteriezellen für E-Autos bezeichnet. Tatsächlich ähnelt die etwa 10 mal 15 Zentimeter große Zelle einem Beutel oder Trinkpack. Allerdings sollte man die Pouch-Zelle lieber nicht öffnen, verweisen Dominik Lausch und Kai Kaufmann augenzwinkernd auf Videos im Internet. Die zeigen, was dann passiert: Das Lithium in den Zellen ist sehr reaktionsfreudig verbunden mit hoher Brennbarkeit. „Der luftdichte Einschluss der Materialien verhindert, dass die Zelle in Flammen aufgeht“, sagt Kai Kaufmann. Am Pack in seiner Hand ist eine unebene Verdickung zu fühlen. Derart Inhomogenitäten können durch Ablagerungen oder Kurzschlüsse entstehen, erklärt er und legt die Zelle unter den Sensor des eigens entwickelten Prüfgerätes der Marke „DENKweit“. Das junge Unternehmen aus Halle-Saale hat sich einen deutschen Namen gegeben, weil „made in Germany“ nach wie vor einen guten Ruf habe auf dem Weltmarkt. Die DENKweit GmbH verkauft ihr neuartiges Messgerät mittlerweile weltweit an Forschungslabore, in denen Akkus für Elektroautos entwickelt und optimiert werden.

Zerstörungsfreie Qualitätskontrolle

Die Batteriesysteme für E-Fahrzeuge bestehen, je nach Leistung, aus tausenden in Reihe geschalteter Lithium-Ionen-Packs. „Wenn nur eines einen Fehler hat, könne das zum Defekt der ganzen Batterie, im schlimmsten Fall zum Brand des Autos führen. Das wollen Hersteller natürlich unbedingt vermeiden“, sagt Dominik Lausch und verweist auf den „unique selling point“ der von DENKweit entwickelten neuen Technologie. Sie ermöglicht es erstmals, Stärke und Richtung von elektrischen Strömen großflächig, kontaktlos und in Echtzeit zu messen. Das physikalische Prinzip dahinter ist allerdings schon seit 200 Jahren bekannt: „Fließt Strom durch einen Leiter, wird ein Magnetfeld erzeugt. Ist ein Bauteil defekt, verändern sich Stärke oder Flussrichtung des Stroms und damit auch das Magnetfeld“, erklärt Lausch. Defekte in Batterien allerdings ließen sich bislang nicht zerstörungsfrei nachweisen und konnten deshalb nur stichprobenartig identifiziert werden.

Brückenschlag von Photovoltaik zu E-Mobilität

Vor zweieinhalb Jahren gründeten sich die Wissenschaftler Dominik Lausch, Kai Kaufmann und Markus Patzold aus dem Hallenser Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP aus und benannten ihr Startup programmatisch DENKweit. Aus dem eigenen Fachgebiet heraus in die Zukunft denkend war die Gründungsidee der drei promovierten Physiker auf dem Feld der Photovoltaik angesiedelt. Sie entwickelten ein Inline-Gerät, das – in die Produktion integriert – defekte Solarmodule automatisch aussortiert. Mit dem zweiten, einem Handgerät, lassen sich installierte Solarmodule während des laufenden Betriebes überwachen und frühzeitig Defekte erkennen. Für diese Erfindungen wurde DENKweit 2019 mit dem IQ Innovationspreis Halle ausgezeichnet und mit dem IQ Innovationspreis Mitteldeutschland. Letzterer wird unter anderem vom Volkswagen-Autokonzern finanziert – was die drei Unternehmer auf die Idee brachte, sich in der Automobilbranche einen neuen Markt zu erschließen. Die „VorDENKer“ aus Halle-Saale stellten sich in Salzgitter vor, wo VW die Batteriezellen für seine neuesten Elektroautos fertigt, und begeisterten die Ingenieure dort für einen möglichen Einsatz ihrer Erfindung: Der neuartige Zeilensensor misst das Magnetfeld nicht nur punktuell, sondern flächig, kontaktlos und in Echtzeit. Deshalb kann er sehr gut zur Erkennung von Defekten und zur Qualitätsüberwachung von E-Batterien eingesetzt werden. Zumal die „weit Denker“ ihren modernen Sensor mit maschinenlernenden Algorithmen verknüpfen. Die Software erkennt den Defekt in der Zelle oder an der Schweißstelle automatisch und selbstlernend und übersetzt die Messergebnisse in Bilder. Dominik Lausch und sein Team füttern ihr Erkennungsprogramm mit Daten von defekten Batteriesystemen und von Fehlersimulationen. „In der Regel“, so Lausch, „müssen die neuronalen Netze der künstlichen Intelligenz mit hunderten Daten gefüttert werden. Unser Programm braucht nur etwa 30 Bilder, aus denen es zig-fach neue generiert.“

Chancen auf dem Weltmarkt

Das bringt Fachleute zum Staunen. Im vergangenen Jahr wurde das junge Hallenser Unternehmen in das Startup-Förderprogramm von Volkswagen aufgenommen. Im „Future Mobility Incubator“ kann DENKweit seine visionären Ideen mit Unterstützung fachlicher Expertise „überdenken“ und „weiterdenken“, um sich einen Zugang zum globalen Markt zu eröffnen. Reale Chancen sieht das Unternehmen für sein Labor-Prüfgerät, ebenso für das vollautomatische Inline-Gerät, das an jeder Stelle der Batterie-Produktion integriert werden kann, wie für das Handgerät, das etwa in der Werkstatt zur Diagnose von Störungen eingesetzt wird.

DENKweit macht sich fit für die Mobilität der Zukunft. Die drei Gründer haben mittlerweile ein Team von 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um sich – Hard- und Software-Entwickler, Programmierer, KI-Experten. In kluger Voraussicht auf die Herausforderungen des Marktes kümmert sich das junge Unternehmen um Nachwuchs; sucht Ingenieure, Mathematiker, Informatiker – pflegt Kontakte zu den räumlich naheliegenden Universitäten in Halle und Magdeburg. Denn seinen Standort in Sachsen-Anhalt will DENKweit nicht aufgeben. „Unser Startup genießt große Aufmerksamkeit von Verwaltung und Politik auf kommunaler und Landesebene. Das wissen wir hoch zu schätzen“, betont Geschäftsführer Dominik Lausch und dass die persönlichen Kommunikations- wie auch die kurzen Entscheidungswege sehr ergebnisreich sind – gerade in der Gründungs- und Wachstumsphase. Kai Kaufmann bestätigt: „Hier in Sachsen-Anhalt werden wir mit unseren Themen gesehen und gehört.“

Autorin: Kathrain Graubaum/IMG Sachsen-Anhalt



In der Elektromobilität ist die Komponente Batterie als Energiespeicher von zentraler Bedeutung.
Sachsen-Anhalt ist als Standort für Batteriezellenfertigung in Deutschland bestens positioniert - von der Batterie-Chemie und der Materialfertigung über die Batterieentwicklung bis hin zum Testing

 

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