Groß wie eine kleine Faust

In Magdeburg wurde ein effizienter Elektroantrieb entwickelt

Das Start up SMELA aus Sachsen-Anhalt hat in kurzer Zeit für seine Entwicklung von elektromechanischen Linearaktuatoren jede Menge Ehrungen erhalten. Das Antriebssystem ist kompakt, energiesparend und robust und könnte damit schon bald herkömmliche Pneumatiksysteme ablösen.

Die Bilanz für das Start up SMELA aus Magdeburg, vor vier Jahren als Gründungsprojekt ins Leben gerufen und seit einem halben Jahr eingetragenes Unternehmen, kann sich sehen lassen: 2. Platz im hochkarätigen Ranking um Deutschlands TOP 50 Start ups 2020; 2. Platz bei der Science4Life Businessplanphase; IQ-Innovationspreis Magdeburg 2020; 2. Platz beim Gründungswettbewerb start2grow 2020; 3. Platz beim Hugo-Junkers-Preis 2019. Die Liste ließe sich noch fortsetzen; sie reicht aber schon aus, um die Bedeutung der innovativen Entwicklung des kleinen Unternehmens deutlich zu machen.

Druckluftsysteme nicht optimal

SMELA steht für „smart electric actuators“, Antriebskomponenten für automatisierte lineare Vorgänge. Bislang kommen in vielen Produktionsprozessen vorwiegend Druckluftsysteme für lineare Bewegungen zum Einsatz; in der Verpackungsindustrie zum Beispiel oder bei der Herstellung von sämtlichen Alltagsprodukten – von der Zahnbürste bis zum Smartphone. Diese Systeme bewegen einen Kolben in einem Zylinder durch das Einströmen von Druckluft vor und zurück und führen somit lineare Bewegungen aus. Ein Nachteil dabei: der hohe Energieverbrauch. „Nur fünf Prozent der aufgewendeten Energie kommt tatsächlich in der Bewegung an“, erklärt Mitgründer und CEO Benjamin Horn. Außerdem sei, so Benjamin Horn, der Wartungsaufwand durch immer wieder entstehende Leckagen im System hoch. Zwar gäbe es bereits elektrische Alternativen, um die Druckluftsysteme abzulösen,. „Aber die sind zu groß - momentan fünf bis sieben mal größer als unser Antrieb.“  Zudem setzen die meisten elektromechanischen Antriebe auf sehr kostenintensive Mechaniken, um Verschleiß zu reduzieren. Diese hohen Mehrkosten sind aber nicht für jede Anwendung gerechtfertigt. Optimal also sind die herkömmlichen Antriebe nicht.

Elektrischer Antrieb

Und hier kommt nun SMELA ins Spiel. Die von dem Start up entwickelten teleskopierbaren elektromechanischen Linearaktuatoren haben einen um 75 Prozent verringerten Energiebedarf – das ist ihr erstes Plus. Das zweite ist ihre hohe Komfortabilität durch flexible Bewegungen. „Bei den Druckluftsystemen“, so Benjamin Horn, „ist meist nur eine definierte Positionierung möglich. Unsere Antriebe ermöglichen ein beliebiges Positionieren an verschiedenen Punkten und auch das Anfahren dieser Punkte mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Das erlaubt z.B. eine flexible Produktion von unterschiedlichen Produkten mit nur einer Anlage.“ Und, dritter Vorteil, das sanfte Fahren in die Endpositionen verringert die Materialermüdung und reduziert die Geräuschkulisse in den Anlagen. „Natürlich gibt es auch bei uns Verschleiß. Aber dieser soll automatisch überwacht und damit ein notwendiger Austausch - Refurbishment - zielgerichtet vorausgesagt werden“, so Benjamin Horn. Das fällt unter den Begriff „Predictive Maintenance“ - Vorhersehbare Wartung. Damit werden nur bei tatsächlichem Bedarf eine Wartung durchgeführt und Ersatzteile vorausschauend gelagert.  

Das größte Plus aber ist die deutlich geringere Größe der Aktuatoren. Ihre Abmaße sind generell abhängig von dem verfahrbaren Hub, den der Stößel zurücklegen muss. Bei einem Hub von fünf Zentimetern sind die SMELA-Antriebe etwa so groß wie eine kleine Faust. Geregelt werden sie von Motioncontrollern, welche autark (dezentral) oder über eine Hauptsteuereinheit (zentral) angesteuert werden. Kompakt, ohne Luftschläuche und ohne Kompressoren sind sie überall dort sinnvoll einsetzbar, wo wenig Platz vorhanden ist.

Sachsen-Anhalt bleibt Unternehmensstandort

Aktuell werden SMELA-Aktuatoren in Kleinserie produziert, für Pilotzwecke sind sie bereits eingesetzt worden. Zulieferer fertigen die Einzelkomponenten, die Endmontage findet bei SMELA statt. Immer mehr Auftragsanfragen kommen nun hinzu; auf Interesse ist die Idee des kompakten Antriebes freilich schon vor drei Jahren bei der Ausstellung auf der Hannover Messe gestoßen. Schon 2017 wurde das Patent angemeldet, derzeit findet die internationale Prüfung statt. Zukunftssorgen plagen die SMELA-Gründer Benjamin Horn, Denis Draganov und Oleksandr Tyshakin also nicht. Bis Ende des Jahres sollen zehn Mitarbeiter im Unternehmen arbeiten, vor wenigen Wochen wurden neue Räumlichkeiten bezogen. Das Portfolio des Unternehmens erweitert sich sukzessive, verschiedene Größen und Einsätze des Produkts würden entwickelt, viele Ideen für „Nebenprodukte“ seien schon entstanden, so Benjamin Horn. „Es wird nicht langweilig.“

Dank eines Privatinvestors kann sich das Startup nun zwei Jahre lang dem Markteinstieg und dem ersten echtem Wachstum widmen. Unterstützt wurde es auch durch eine Förderung des Landes Sachsen-Anhalt sowie durch die Gründerzentren Univations GmbH aus Halle und das TUGZ der Universität Magdeburg sowie dem dort ansässigem Lehrstuhl für Elektrische Antriebssysteme. Dort habe man, sagt Benjamin Horn, die Labore und Inkubatoren mitnutzen können, was sehr hilfreich gewesen sei.

Dass Magdeburg weiterhin Unternehmensstandort bleibt, steht fest. Die Stadt ist nicht nur Heimat; durch die Universität gibt es eine gute Anbindung an die Wissenschaft und an Fachleute, außerdem motivierte Studierende. Auch wenn im Süden viele Zulieferer und Kunden sitzen, war es für das Startup nie eine Alternative. Wir haben uns bewusst für Magdeburg entschieden: „Hier haben wir nicht weniger Möglichkeiten, uns weiter zu entwickeln. Im Gegenteil, viele Wege und Entscheidungen lassen sich hier wohlmöglich schneller durchführen“.

Autorin: Anja Falgowski/IMG Sachsen-Anhalt



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