„Ein positives Signal senden“

Im Oktober ging die Startup Safari in Halle (Saale) über die Bühne / Ein Gespräch darüber, warum es wichtig war, sie trotz Corona auf die Beine zu stellen

Im Juni hat Corona der dritten Startup Safari Halle (Saale) einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Sommertermin musste entfallen. Kurz vor dem sich langsam abzeichnenden Teil-Lockdown im November trafen sich Gründer*innen und solche, die es werden wollen, Unternehmer*innen, Neugierige, sowie Vertreter*innen von Verbänden, Hochschulen und Institutionen Mitte Oktober zu einer etwas anderen Safari – mit Abstand, aber viel gedanklicher Nähe.

Mit den Herausforderungen der Pandemie-Auswirkungen haben die Organisatoren einen besonderen „Tag der Offenen Tür“ in der Saalestadt auf die Beine gestellt, ohne die üblichen Besuche bei vielen Unternehmen, dafür mit Sessions, Gesprächen, Diskussionen und – ganz neu – mit einem „Startup Fight Club“.

Warum das Event trotz erschwerter Bedingungen stattfinden sollte, wie in einem Boxring schlagkräftige Ideen entstehen können, und was für angehende Startups in diesen Zeiten wichtig ist: Darüber spricht Ywes Israel, Initiator der Hallenser Startup Safari und Investment Manager bei der bmp Ventures AG, die das Event seit Beginn unterstützt.

Warum unterstützt die bmp Ventures die Startup Safari Halle (Saale)?

Ywes Israel: Solche Events gibt es überall auf der Welt. Als Unternehmen waren wir bereits in Berlin und Leipzig bei Startup Safaris involviert. Es war für uns dann nur folgerichtig, das Format, in dem sich das Startup Ökosystem einer Stadt vorstellt, 2018 auch in Sachsen-Anhalt zu etablieren. Wir wurden dabei von Anfang an sehr gut unterstützt – neben den großen öffentlichen Playern des Landes wie der IBG Beteiligungsgesellschaft, der Investitionsbank, der MBG Beteiligungsgesellschaft und der Investitions- und Marketinggesellschaft sind es vor allem private Unternehmen, die dieses Veranstaltungsformat möglich machen. Und mit den SaltLabs in der Leipziger Straße haben wir auch einen Partner in Halle gefunden, der sich schnell und kreativ auf unsere spontanen Idee einstellen und diese auch umsetzen kann.

Was macht die Startup Safari in Halle (Saale) aus?

Das Event bietet den Gründern und Gründungwilligen, neben den vielen Kontakt-Möglichkeiten zu öffentlichen und privaten Unterstützern, eine Plattform, auf der sie sich präsentieren und untereinander vernetzen können. Besonders Halle mit seinem quirligen Studenten- und Gründerkosmos und den kurzen Wegen nach Leipzig, Erfurt und Magdeburg bietet die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Veranstaltung in Sachsen-Anhalt. Durch den Safari-Charakter ist alles sehr locker, Workshops sollen ohne die obligatorische Power-Point durchgeführt werden, offener Gedankenaustausch steht im Vordergrund. Von der ersten Gründungsidee bis zum etablierten Unternehmen ist alles vorhanden. Dieses spezielle Format wird genutzt, um die eigene Geschäftsidee zu spiegeln und gleich den Markttest mit potenziellen Kunden oder Interessierten zu machen. Wir hatten auch schon Unternehmen, die aus ihrer Präsentation einen Hackathon gemacht haben, um zielgenau Probleme zu lösen.

In diesem Jahr stehen wir unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Warum wollten Sie die Startup Safari Halle (Saale) trotzdem stattfinden lassen – unter erschwerten Bedingungen?

Wir haben wirklich überlegt, ob wir das Event in diesem Jahr machen sollen. Das Interessante war, dass uns viele Unterstützer und Sponsoren signalisiert haben, dass sie es gut finden würden, wenn wir am Ball bleiben. Viele waren einfach froh, dass aus der gedrückten Stimmung heraus ein positives Signal gesendet wird und das Event stattfindet – so nach dem Motto: Jetzt erst recht.

Was war in diesem Jahr durch die Pandemie-Situation anders als sonst?

In den vergangenen Jahren lief die Safari über zwei Tage. Dieses Mal haben wir das Event auf einen Tag gelegt. Wir konnten nicht, wie sonst, viele Locations ansteuern, haben alles in zwei Gebäudekomplexen konzentriert. Unser Hygienekonzept mussten wir zum Schluss fast täglich den geänderten Verordnungen anpassen und vor Ort abstimmen – und das musste dann auch noch für die Teilnehmer aus anderen Bundesländern machbar sein; eine kleine Herausforderung. Dennoch war das Feedback schon bei den Vorbereitungen phänomenal, und am Ende waren 140 Teilnehmer dabei.

Es gab bei diesem Event auch erstmals einen Startup Fight Club. Warum musste es gerade jetzt noch etwas Neues sein?

Da wir in diesem Jahr vom Safari-Charakter mit wechselnden Locations in der Stadt abweichen mussten, wollten wir etwas bieten, wo sich Gründer einmal ganz anders vorstellen – und aus sich herausgehen können. Bei der Recherche sind wir schnell auf viele verschiedene Pitch-Formate gestoßen. Daraus hat sich der Startup Fight Club entwickelt, wo Teams in einem Boxring verbal gegeneinander antreten. Wir konnten fünf Hochschulen aus Sachsen-Anhalt überzeugen, mitzumachen. Es gab Preise im Gesamtwert von immerhin knapp 300.000 Euro zu gewinnen, sodass dann auch für alle Teams etwas Sinnvolles für ihre Geschäftsentwicklung dabei war. Das Publikum konnte einen der drei Hauptpreise für die beste Show vergeben, einen die sechs Kampfrichter, und dann gab es noch den Preis für den besten Boxstall, also die beste Hochschule. Da die Hochschule Anhalt diesen Wanderpokal abgeräumt hat, richtet sie im nächsten Jahr den Startup Fight Club in Bernburg aus. Und mal sehen, welcher Boxstall dann gewinnt. Genau das wollen wir erreichen: Keine Einmalveranstaltung, sondern die Weiterentwicklung des Startup-Ökosystems, auch in den Hochschulen.

Und wie lief das nun ab im Boxring?

Zuallererst: So ein Boxring ist schon beeindruckend – und auch etwas einschüchternd. Wie er so einfach da steht mit einem Hauch von Ruchlosigkeit – und seinen inhärenten Erinnerungen an die vielen Kämpfe, Siege und Niederlagen. Die Herausforderung wurde jedoch von den Teams angenommen. Zuerst haben sich die Gründer in einem Elevator-Pitch einzeln vorgestellt, wofür die ersten Punkte der Kampfrichter vergeben wurden. In der zweiten Runde sind dann jeweils zwei Teams zu bestimmten Themen, wie Produkt, Marketing/Vertrieb und Finanzen gegeneinander in den Schlagabtausch gegangen. Zusätzlich musste auch noch das Publikum die Geschäftsidee verstehen und von ihr überzeugt werden. So war es auch im Vorfeld für die Teams sehr wichtig, dass sie genau überlegen mussten, wie sie ohne große Hilfsmittel, also am besten nur mit schlagkräftigen Worten, ihre Argumente und Fakten verständlich darstellen – und das in kurzer Zeit. Manche Gründer haben eine richtige Show daraus gemacht. Es gab sogar Einlaufmusik aus den Rocky-Filmen. Das war gut so, wir wollten kein ernstes, starres Format, sondern ein lockeres Event.

Welche Eindrücke haben Sie von diesem Tag mitgenommen?

Ich war begeistert von der Grundstimmung. Wer dort war, wollte auch wirklich dabei sein. Alle waren froh, dass es etwas gab, wo man zusammenkommen konnte, um den Gedankenaustausch zu pflegen. Man hat gemerkt, dass die Teilnehmer geradezu dafür brannten, direkt miteinander zu kommunizieren – also mal nicht über Zoom oder bei Telefonkonferenzen. Und wann kann man schon einen Pitch in einem echten Boxring halten?

Was empfehlen Sie jungen Unternehmer*innen und potenziellen Gründer*innen mit Blick auf die Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Herausforderungen?

Wir haben das bei der Startup Safari gesagt, und wir machen das auch bei der bmp deutlich: Niemand sollte jetzt den Kopf in den Sand stecken. Vieles ist derzeit schwieriger, weil man sich oft nicht persönlich treffen kann. Vielleicht ist die Geschäftsidee gerade sogar obsolet geworden. Aber jetzt ist die beste Zeit, sich gut darauf vorzubereiten, durchzustarten, wenn alles wieder entspannter und offener geworden ist. Die Zeit jetzt kann dafür genutzt werden, Geschäftsideen weiterzuentwickeln, gute Businesspläne und gute Pitch Decks aufzustellen. Und es gibt noch einen wichtigen Aspekt: Unsere Gesellschaft steht vor neuen Herausforderungen, und es lohnt sich auch, genau zu schauen, wo derzeit Bedarfe und neue Möglichkeiten für die Zukunft entstehen. Es gibt viele Bereiche, wo neue Ideen und Ansätze gefragt sind. Prozesse neu aufgesetzt oder Produkte ganz neu gedacht werden müssen. Das ist auch eine Chance!

Autorin: Manuela Bock/IMG Sachsen-Anhalt

www.bmp.com


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