CT-Röhre wird zum OP-Raum

RAYDIAX aus Magdeburg entwickelt weltweit ersten Computertomografen zur Krebstherapie

„Es gibt weltweit keinen Computertomografen, der speziell für minimal-invasive Krebsoperationen entwickelt wurde“, sagt Thomas Hoffmann. Er schaut nach vorn in das Jahr 2026, dann nämlich will sein Startup-Team solch ein Gerät auf den Markt bringen. In dem neuartigen Therapieassistenz-CT sollen insbesondere Leber- und Lungentumore patientenschonend behandelt werden. Das Startup nennt sich RAYDIAX, seine sechs Gründer entwickeln dieses CT-System derzeit am Forschungscampus STIMULATE im Magdeburger Wissenschaftshafen. Im Vergleich etwa zu OP-Robotern können damit minimal-invasive Operationen mit noch kleineren Instrumenten und ohne Vollnarkose durchgeführt werden.

RAYDIAX steht kurz vor seiner Unternehmensgründung, aber der Name ist schon auf dem Weg zu einer beachteten Marke. Seines innovativen Konzeptes wegen bekommt das Vorhaben eine millionenschwere Förderung aus dem EXIST Forschungstransfer-Programm des Bundes. „Diese Förderung ist bei kostenintensiven Start-up-Gründungen wie unserem sehr begehrt und wir werten die Bewilligung wie einen Ritterschlag“, betont Thomas Hoffmann, Mitbegründer von RAYDIAX. In dem Namen steckt X-Ray, die Bezeichnung für Röntgenstrahlen, wie auch Radiation, das englische Wort für Strahlung. Diese soll in dem neuen Gerät über 40 Prozent reduziert werden gegenüber bisherigen CT-Systemen, was entscheidend ist für den Einsatz als „Operations-Raum“. „Die Anforderungen an Gesundheitsvorsorge und Gefahrenminimierung gegenüber dem behandelnden klinischen Personal müssen erfüllt werden. Schließlich sind die Operateure am CT die gesamte Behandlungszeit nahe am Patienten und einer nicht zu unterschätzenden Strahlung ausgesetzt“, erklärt Thomas Hoffmann.

Der 35-jährige Magdeburger hatte an der Otto-von-Guericke-Universität seiner Heimatstadt Maschinenbau studiert und kam von seinen Interessen geleitet zur Medizintechnik. Seine Doktorarbeit schrieb er im Rahmen des KIDs-CT-Projektes am Forschungscampus STIMULATE. „KIDs - Konfigurierbarer, Interfaceoffener, Dosissparender Computertomograf“ bedeutet, dass sowohl Hardware-Module als auch Software-Programme an diesem CT-Gerät ausgetauscht werden können, damit es schnell und flexibel an verschiedene Anwendungsszenarien angepasst werden kann.

Senkung der Strahlendosis und Integration neuer Funktionalitäten

Längst liefert die Computertomografie nicht nur Aufnahmen zur Unterstützung fachlicher Diagnosen. Eine Therapie unter CT-Kontrolle ermöglicht beispielsweise die präzise Platzierung von Kathetern oder Nadeln im Körper und reduziert das Risiko von Komplikationen im Vergleich zu klassischen „offenen“ Operationen. Mittlerweile werden minimal-invasive Eingriffe auch in der CT-Röhre durchgeführt. „Allerdings unter erschwerten Bedingungen. Die Computertomografen sind nicht für einen Einsatz im Operationsraum gebaut“, sagt Thomas Hoffmann, und ergänzt, dass Probleme ja bekanntlich Innovationstreiber seien. „Ziel sei es, auf Basis der Arbeiten am KIDs-CT ein völlig neuartiges Therapieassistenz-CT zur minimal-invasiven Krebsbehandlung entwickeln. Dazu gehöre neben der Senkung der Strahlendosis die Entwicklung spezieller Funktionalitäten zur Unterstützung von Operationen wie etwa die Integration sehr schneller Bildaufnahmetechniken und eines Navigationssystems, mit dem der Operateur präzise den Tumor erreichen kann. „Damit die behandelnden Mediziner einen besseren Patientenzugang haben, erweitern wir den Durchmesser der Röhre“, erläutert Hoffmann. Mit „wir“ meint er seine Partner Dr. Tim Pfeiffer und Robert Frysch auf dem Gebiet der Röntgenphysik sowie die Röntgenhardware-Entwickler Dr. André Mewes und Benjamin Fritsch. Zur Gruppe gehört außerdem die Betriebswirtin Galina Steinke.

Effizienter operieren und Kosten sparen

Die jungen Gründer lassen sich von einem klinischen und technischen Beirat aus nationalen und internationalen Expertinnen und Experten beraten. Dies hilft bei der Suche nach Investoren, die die Entwicklung des Gerätes mitfinanzieren.

Aus der Praxis gäbe es laut Hoffmann schon sehr positive Signale, was den Bedarf am RAYDIAX-Gerät betrifft. Denn im Vergleich etwa zum OP-Roboter Da Vinci könne bei den CT-geführten minimal-invasiven Operationen mit noch kleineren Instrumenten und ohne Vollnarkose operiert werden. Dabei erhitzen feinste Nadeln das Tumorgewebe exakt abgegrenzt auf zerstörerische 60 bis 90 Grad. Optimale Resultate zeige das Verfahren bei der Behandlung von bis zu zwei Zentimeter großen Tumoren. In der Palliativmedizin könnten mit der Technik Tumore verkleinert und Schmerzen verringert werden.

Der klinische Hauptpartner von RAYDIAX ist die Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin des Uniklinikums Magdeburg. Als potenzielle Kunden für das Hightech-Gerät haben die Gründer weitere forschungsaffine Universitätskliniken im Visier. Auch bei öffentlichen und privaten Krankenhäusern soll das Interesse geweckt werden, weil mit dem Gerät effizienter operiert, Kosten gespart und der Fachkräftemangel aufgefangen werden könne.

Einmalige Forschungs-Infrastruktur

Das RAYDIAX-Team hat einen genauen Zeitplan zum erhofften Erfolg. Danach steht jetzt die offizielle Unternehmensgründung an – und nirgendwo anders als in Sachsen-Anhalt. Denn Thomas Hoffmann nennt die Forschungs-Infrastruktur hier „einmalig“. STIMULATE ist dabei ein wesentlicher Anker: Das Forschungszentrum wurde 2020 als ein „Zukunftsort Sachsen-Anhalt“ ausgezeichnet. Der 2013 gegründete Kooperationsverbund zwischen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, der Siemens Healthcare GmbH, dem STIMULATE Verein sowie vielen Akteuren auf dem Gebiet der Gesundheitswirtschaft erforscht medizintechnische Lösungen zur Behandlung sogenannter Volkskrankheiten wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Krebs.

Als „Zukunftsort Sachsen-Anhalt“ profiliert sich zu einem „Forschungs- und Innovationszentrum für bildgestützte Medizin“ mit internationaler Sichtbarkeit. RAYDIAX will nun ein Kernunternehmen inmitten dieses Zentrums sein. „Wir wollen hier attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen schaffen, damit sich viele weitere junge Fachkräfte und Startups für unseren Wissenschaftshafen als Umschlagplatz für Innovationen entscheiden“, sagt Thomas Hoffmann.

Autorin: Kathrain Graubaum/IMG Sachsen-Anhalt

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